Erst ist es leise. Ganz leise! Jede und jeder hat einen festen Platz. Die Kinder schauen auf die Mitte des Tisches. Dort steht ein großes Glas, gefüllt mit Wasser und Maiskörnern. Und darin tut sich was. Von kleinen Bläschen getragen streben die Körner vom Grund nach oben und fallen nach ein paar Pirouetten an der Oberfläche von dort zurück auf den Boden des Glases. „Die tanzen ja wirklich“, sagt Jan in die Stille und lacht. Die anderen stimmen ein. Jetzt ist es laut. Richtig laut! Ein Mädchen klatscht in die Hände. Am Nachbartisch drehen andere Kinder den Kopf. Von dort ruft Sam: „Wusstet ihr, dass Äpfel schwimmen und Birnen nicht?“ Ein Mal im Monat ist Forscher*innen-Tag im evangelischen Sterntaler-Kindergarten in Breckerfeld. Dann wird der Snoezel-Raum zum Test-Labor. Heute geht es neben den tanzenden Maiskörnern um die Fragen, wie Nebel entsteht und was schwimmt und was nicht.
Die gemeinnützige „Stiftung Kinder forschen“ begleitet naturwissenschaftliche Schwerpunktarbeit in Kitas, Grundschulen und anderen Betreuungseinrichtungen. Kern der Arbeit ist ein umfassendes, deutschlandweites Fortbildungsprogramm, das Erzieher*innen und Lehrkräfte dazu befähigen soll, Kinder beim Entdecken und Forschen kompetent zu begleiten; mit entsprechenden Fortbildungsangeboten und Material für die Praxis. In diesem Zusammenhang vergibt die Stiftung auch die Auszeichnung „Haus der kleinen Forscher“. Die entsprechende Plakette hängt seit vielen Jahren in der Breckerfelder Einrichtung. Erst kürzlich wurde sie erneuert. „Wir sind bereits zum siebten Mal zertifiziert worden“, so Malena Schürmann, die Leiterin des Kindergartens.
Elena Kansin und Melanie Hoyer, Erzieherinnen im Kindergarten an der Wahnscheider Straße, betreuen das Projekt, das schon seit 14 Jahren einen festen Platz im Programm der Einrichtung hat. Beide haben Fortbildungen gemacht und sind quasi die Forschungsexpertinnen der Kita. „Kinder experimentieren ohnehin sehr viel – auch ohne, dass man sie anleitet“, sagt Elena Kansin, die den Schwerpunkt von Beginn an begleitet. „Durch das Projekt können wir dieser natürlichen Neugier einen guten Rahmen geben“, erklärt die Erzieherin.
So ist einmal im Monat Forscher*innentag. „Da arbeiten wir in kleinen, altersgemischten Gruppen mit Blick auf ein bestimmtes Thema“, erläutert Melanie Hoyer. „Die Kinder lernen dabei den bewussten Umgang mit bestimmten Stoffen, wie zum Beispiel Natron und Essig.“ Beides ist übrigens nötig, um die Maiskörner zum Tanzen zu bringen. „Aber es geht eben auch um den Erkenntnisgewinn und die Antwort auf die Frage „Warum?“.“ Toll sei auch, dass die Kinder ihre Erfahrungen mit den anderen Kindern teilen würden. „Wir nehmen diese Inhalte mit in die Gruppen, wiederholen dort Experimente und erleben vor allem sehr oft, dass die Kinder ihre Erkenntnisse im freien Spiel wieder anwenden.“
Das Projekt wird dokumentiert. Es gibt einen Ordner zum Nachschlagen und entsprechende Materialien mit passenden Fotos in den Portfolios der Kinder. Auch die Familien werden gelegentlich mit einbezogen und seien eifrig dabei, wenn es zum Beispiel um das Sammeln von Materialien zu einem bestimmten Thema geht. „Das ist einfach eine rundherum gute Sache, die auch außerhalb des Kindergartenalltags weiterwirkt“, sind sich die Erzieherinnen einig.
Inzwischen ist das Test-Labor wieder Snoezel-Raum. Die Kinder haben aufgeräumt, Materialien getrocknet und versorgt und spielen wieder in ihren Gruppenräumen. Das Regelheft für kleine Forscherinnen und Forscher liegt noch auf dem Regal. Und da steht auch noch das Glas mit den Maiskörnern, die jetzt wie kleine Kieselsteine im Wasser liegen. Nur eines hebt sich noch ein paar Mal vom Grund, schwebt ein paar Zentimeter Richtung Oberfläche, um dann wieder zurückzusinken. Beim nächsten Mal werden die Kinder hier andere Experimente machen, etwas Neues entdecken. Die Spuren der tanzenden Maiskörner werden dann längst beseitigt sein. Zumindest aus dem kleinen Test-Labor im Sterntaler-Kindergarten in Breckerfeld.
Bildinformationen (alle Fotos: Kristina Hußmann)